23.02.2023
Versorgungssicherheit: DIW gegen den Bau fester LNG-Terminals
Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben sich gegen einen Bau fester LNG-Terminals in Deutschland ausgesprochen.

Quelle: energate

Sie argumentieren, auch für den kommenden Winter sei keine Gasknappheit zu erwarten. Selbst bei geringeren Einsparungen als 2022 könne in allen möglichen Angebotsszenarien zusätzlich zu stabilen Importen aus Norwegen genügend Gas über die LNG-Importterminals in Belgien und den Niederlanden sowie die schwimmenden Terminals in Deutschland importiert werden. In einem Positionspapier merken die Autoren zwar an, dass sich Deutschland künftig ausreichend LNG-Mengen auf dem Weltmarkt sichern müsste und dort in Konkurrenz zu anderen Importländern steht. Dies sei aber durch die im Vergleich zu anderen Weltregionen größere Zahlungsbereitschaft möglich.

Importe von norwegischem Gas weniger umweltschädlich

Grundsätzlich blieben Einsparbemühungen von Erdgas wichtig. Aber angesichts der rückläufigen Bedeutung von fossilem Gas auf dem deutschen Weg zu Klimaneutralität sei der geplante Bau der festen Terminals in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel überflüssig. Die in Zukunft verbleibende Nachfrage könne preiswerter und weniger umweltschädlich durch Importe aus Norwegen befriedigt werden - da dort kein Gas mithilfe der Fracking-Technologie gewonnen werde. Die in Wilhelmshaven geplante Nutzung des Terminals für den Import von grünem LNG durch den Betreiber TES ist in dem Papier kein Thema. Grünes LNG (eNG) will TES aus CO2-freiem Wasserstoff und CO2 erzeugen. Das CO2 soll in Wilhelmshaven oder beim Kunden abgeschieden, anschließend zurück zu den Produktionsanlagen transportiert und in einem Kreislauf wieder zur Produktion von eNG verwendet werden.

Europäische Perspektive von Bruegel nicht ganz so optimistisch

Kurzfristig nicht so optimistisch scheinen die Szenarien des Brüsseler Thinktanks Bruegel. In einem vor kurzem erschienenen Beitrag betont der Thinktank, dass weitere Einsparungen notwendig sind, um einen Füllstand der Speicher in Europa zu 90 Prozent zu Beginn des nächsten Winters zu erreichen. Die Politik sollte deshalb eine weitere strukturelle Abkehr von Gas unterstützen. Wie hoch die Einsparungen in der EU sein müssen, hängt von den Wetterbedingungen ab und davon, ob die noch aktuellen russischen Gasflüsse durch die Ukraine nach Zentraleuropa und die Türkei nach Südosteuropa weiter zur Verfügung stehen. Kaltes Wetter und der völlige Stopp russischer Gasflüsse erfordert - gemäß den Bruegel-Analysen - eine Reduzierung der Erdgasnutzung von 26 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Analysten erwarten hohe Preise auf dem LNG-Markt

Auch die Wettbewerbssituation auf dem LNG-Markt hänge von der Höhe der europäischen Nachfrage ab. Bei einer niedrigen Nachfrage ist das erwartete LNG-Angebot komfortabel. Bei einer hohen zusätzlichen Nachfrage der EU erwarten die Bruegel-Analysten einen intensiven Wettbewerb und hohe Preise für 2023. Auch 2024 könnte der Markt eng bleiben. Deshalb sollten die in Europa geplanten FSRU wie vorgesehen in Betrieb gehen. Begrenzt seien auch trotz der europäischen Klimaschutzziele neue Langfristverträge zur Gasbeschaffung nötig. Grundsätzlich rechnen die Autoren des Papiers, wie ihre DIW-Kollegen, aber mit einem schnelleren Rückgang der Nachfrage als erwartet. Deshalb müssten wegfallende russische Langfristverträge nicht eins zu eins ersetzt werden. Zur Frage, ob neue feste LNG-Terminals notwendig sind, steht in dem Bruegel-Papier nichts.

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