08.03.2023
Politik: Kanzler Scholz zählt auf Stadtwerke für die Energiewende
Bundeskanzler, Bundesfinanz- und Wirtschaftsminister dankten auf dem VKU-Kongress den Stadtwerken für die Krisenbewältigung im vergangenen Jahr. Der erhoffte Schutzschirm kam nicht.

Quelle: Energie & Management

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dankte bei seiner Rede auf dem VKU-Kongress in Berlin den kommunalen Unternehmen für ihren Anteil an der Bewältigung der Energiekrise des zurückliegenden Jahres. Er betonte die gemeinsame Leistung von Politik, Wirtschaft und Bürgern bei der Ablösung der russischen Gasimporte in Folge des Krieges gegen die Ukraine. Für die Zukunft seien die Stadtwerke weiter wichtige Akteure bei der Energiewende, auch im Wärmebereich und beim Umstieg auf Wasserstoff, sagte der Kanzler.

Er kündigte an, dass die jetzt wegen der Gaskrise installierten Terminals zur Anlieferung von Flüssigerdgas künftig auch Wasserstoff importieren können, der für die Dekarbonisierung entscheidend sei. „Investieren Sie in die grüne Zukunft Ihres Unternehmens“, appellierte Scholz an die versammelten Stadtwerkevertreter. Er versprach Fördergeld des Bundes auch für den Netzausbau und die kommunale Wärmewende. Mit einer Fachkräfteförderung sowie gezielter Zuwanderung werde auch für Arbeitskräfte gesorgt, kündigte der Kanzler an.

„Sie sind unser Ass im Ärmel“, sagte der Kanzler zu den Teilnehmern des Kongresses. Er nannte die dezentrale Struktur der deutschen Energie-, Wasser- und Abwasserwirtschaft eine Stärke, weil damit auf die lokalen Gegebenheiten eingegangenen werden könne und die direkte Beziehung zu den Bürgern die nötigen Transformationen umsetzen. „Bauen Sie Elektroladesäulen, dekarbonisieren sie den Öffentlichen Nahverkehr, schaffen Sie klimafreundliche Wärmenetze, rollen Sie Glasfasernetze aus“, appellierte Scholz. Er schloss mit der Aufruf: „Wir zählen auf Sie!“

Lindner kündigt Rückkehr zur Schuldenbremse an

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gratulierte Deutschland und seinen Unternehmen, dass sie den „Charaktertest“ des russischen Präsidenten Putin bestanden hätten. Die Gefährdung des Wohlstandes durch die Abschaltung der Erdgaslieferungen habe nicht dazu geführt, die Werte der Freiheit aufzugeben und die Unterstützung der Ukraine abzubrechen. Das Tempo der Entscheidungen habe bewiesen: „Unser Staat kann in der Krise handeln“, sagte Lindner unter großem Beifall.

Die Notmaßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft und Haushalte in der Energiepreiskrise seien richtig und notwendig gewesen. Im Jahr 2021 habe Deutschland 4 Milliarden Euro Zinsen gezahlt, im vergangenen Jahr aber seien es 40 Milliarden Euro gewesen. Daher sei es nötig, im laufenden Jahr die Schuldenbremse wieder voll wirken zu lassen. „Geld muss erst verdient werden, bevor es ausgegeben werden kann“, erinnerte der Finanzminister. Die aktuell gestiegenen Zinsen müssten Warnung sein für alle EU-Länder, wieder zu einer konsolidierten Finanzpolitik zurückzukehren.

Zudem solle die „Deutschlandgeschwindigkeit“ für die Krisenbewältigung auch für andere Prozesse wie die Energiewende weiter beibehalten werden, forderte Lindner. Wasserstoff müsse schnell zur Nutzung beschafft werden „ganz gleich aus welcher Energiequelle oder Farbe“. Deutschland werde weiter Energieimporteur bleiben, aber diese Quellen würden diversifiziert, versprach der Minister. Nur dünnen Beifall fand Lindners Forderung, auch deutsche Erdgasquellen schnell zu erschließen. Großen Applaus fand dagegen seine Antwort: "Ich fände es töricht, die Expertise im Gasgeschäft nicht auch für die Wasserstoffwirtschaft zu nutzen".

Unternehmensvertreter fordern staaliche Bürgschaften

In einer anschließenden Diskussionsrunde sagte Susanna Zapreva, Vorstandsvorsitzende von Enercity, die mangelnde Liquidität sei ein großes Problem für die Unternehmen, insbesondere angesichts der hohen Energiepreise. Damit seien die für die Energiewende nötigen Investitionen nicht zu machen. Zudem seien die Kundinnen und Kunden durch die steigenden Kosten belastet und hätten zunehmend Außenstände bei ihren Ver- und Entsorgern. Deshalb benötige es einen staatlichen „Schutzschirm“, der wenigstens die Einkaufsgarantien an den Energiemärkten übernimmt. Mike Schubert, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam ergänzte, dass auch andere Bereiche wie Krankenhäuser und öffentlicher Nahverkehr die kommunalen Haushalte belasteten. Die staatlichen Förderungen müssten daher entbürokratisiert werden, um sie nutzen zu können. Außerdem sollten sie verstetigt werden, forderte Schubert, der zugleich Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages ist.

Auch fehlende Investitionen werden Schulden

Lindner sagte: „Zusätzliches Geld ist nicht da“. Er versprach, die vorhandenen Förderprogramme agiler und weniger bürokratisch zu machen. Außerdem müsse man überlegen, ob bestimmte rechtliche Vorgaben abgeschwächt werden könnten. Der Bund habe im Krisenjahr 2022 Verluste von 120 Milliarden Euro gemacht, die Länder und Kommunen 12 Milliarden Gewinn. „Jede staatliche Ebene hat ihre Aufgabe“, erinnerte Lindner. Zapreva erwiderte, es ginge den Unternehmen nur um Bürgschaften. Aber „verschleppte Investitionen sind auch Schulden für die Zukunft“, warnte sie. Außerdem solle das Margining-Programm der EU auf dieses Jahr verlängert und für Stadtwerke zugänglich gemacht werden, forderte sie unter großem Beifall.

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