14.03.2023
Strompreisbremse: Verfassungsbeschwerde gegen Erlösabschöpfung
Gemeinsam mit 25 weiteren Betreibern von Solar-, Wind- und Biomassekraftwerken zieht der Stromanbieter Lichtblick vor das Bundesverfassungsgericht.

Quelle: energate

Die von der Bundesregierung zum 1. Dezember eingeführte Erlösabschöpfung sei eine "unzulässige Sonderabgabe", argumentiert die beauftragte Kanzlei Raue. Der Mechanismus verletzte die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie der betroffenen Unternehmen. Bereits im November hatte die Kanzlei ein Gutachten im Auftrag von Lichtblick vorgelegt. Hauptangriffspunkt ist laut den Autoren Christian von Hammerstein und Anna von Bremen die Annahme von fiktiven Erlösen anhand der Börsenpreise anstelle von tatsächlich realisierten Erlösen. "Für den einzelnen Anlagenbetreiber kann dies je nach Großhandelspreisen zu Abschöpfungsbeträgen führen, die noch oberhalb seiner Erlöse liegen", heißt es jetzt in der Beschwerdeschrift. Auch die fehlende Begrenzung der Erlösabschöpfung auf den tatsächlichen Finanzbedarf sei rechtswidrig.

Die Verfassungsbeschwerde kommt zu einer Zeit, in der das eigentliche Problem, das zur Einführung der Erlösabschöpfung geführt hat, dank gesunkener Strompreise nicht mehr akut ist. Laut Lichtblick rechnet Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) statt mit den ursprünglich geplanten 43 Mrd. nur noch mit 1,4 Mrd. Einnahmen durch die Erlösabschöpfung. Mit den Geldern wollte Berlin die Entlastung der Verbraucher im Rahmen der Strompreisbremse finanzieren, allein bis Juni waren 23 Mrd. Euro eingeplant. Zuletzt hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angekündig, die bis zum 30. Juni laufende Abschöpfung nicht verlängern zu wollen. Trotzdem verteidigt Lichtblick den Gang nach Karlsruhe. "Es geht hier um eine verfassungsrechtliche Grundsatzfrage", betonte Markus Adam, Chefjurist von Lichtblick. Die Erlösabschöpfung sei ein schwerer politischer Fehler, "der sich nicht wiederholen darf". Der Staat habe mit dem Steuerrecht ein starkes und ausreichendes Instrument, um Unternehmen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen. Eine Übergewinnsteuer, wie sie auch für die Öl- oder Kohlebranche erhoben wird, wäre auch für Ökostromerzeuger der angemessene und rechtssichere Weg gewesen.

PPA-Markt eingebrochen

In den Augen der Kläger führt die Erlösabschöpfung dazu, dass insbesondere Solar- und Biomasseanlagen nicht wirtschaftlich weiter betrieben werden können oder ganze Geschäftsfelder bedroht sind. So sei der Markt für Direktlieferverträge (PPAs) für den Abschöpfungszeitraum eingebrochen. Ein Grund dafür ist, dass die Betreiber Erlöse auf der Umsatzebene abführen müssen, wobei die Kosten unberücksichtigt bleiben. Bei den gewährten Sicherheitszuschlägen seien PPA im Vergleich zur klassischen Direktvermarktung schlechter gestellt. Marktteilnehmer haben inzwischen reagiert und arbeiten mit sogenannten Stand-by-Klauseln, insbesondere für Altanlagen. Die Anlagen fahren vorübergehend in der Direktvermarktung, bis die Erlösabschöpfung voraussichtlich im Juni endet.

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