29.03.2023
EU-Länder stimmen final für Verbrenner-Aus nach 2035
Die EU-Mitgliedstaaten haben am Dienstag (28. März) einer Verordnung zugestimmt, die den Verkauf von Autos und Kleintransportern, die CO2 ausstoßen, nach 2035 verbietet.

Quelle: EURACTIV

Damit ist eines der umstrittensten Elemente des Green Deal unter Dach und Fach.

Die Abstimmung stellt sicher, dass die derzeit vorherrschende Technologie der Verbrennungsmotoren in den kommenden Jahrzehnten hauptsächlich durch Elektrofahrzeuge ersetzt wird, um die CO2-Emissionen auf Europas Straßen zu reduzieren.

Die Verordnung sieht vor, dass die CO2-Emissionen von Neuwagen zwischen 2030 und 2034 im Vergleich zu 2021 um 55 Prozent gesenkt werden müssen. Bei Kleintransportern sind es 50 Prozent.

Ab 2035 müssen alle in der EU verkauften Autos und Kleintransporter 100 Prozent weniger CO2-Emissionen aufweisen.

Die Verordnung sieht eine Ausnahmeregelung für Hersteller kleinerer Stückzahlen vor, wie zum Beispiel bestimmte Sportwagenmarken, die von der Einhaltung der vorläufigen CO2-Reduktionen bis Ende 2035 befreit sind.

„Die neuen Regeln werden Chancen für Spitzentechnologien bieten und der Industrie den Anstoß geben, in eine fossilfreie Zukunft zu investieren“, sagte Romina Pourmokhtari, schwedische Umwelt- und Klimaministerin. Schweden hat aktuell den Vorsitz im Ministerrat.

EU-Kommissionsvize Frans Timmermans, der zudem für die Umsetzung des Green Deal zuständig ist, begrüßte das Votum und sagte, die EU habe „einen wichtigen Schritt in Richtung emissionsfreie Mobilität gemacht.“

„Die Richtung ist klar: Im Jahr 2035 müssen neue Autos und Transporter emissionsfrei sein. Das ist ein großer Beitrag zur Klimaneutralität bis 2050 und ein wichtiger Teil des EU Green Deal“, twitterte er.

Die Verordnung wurde im Rat mit der Gegenstimme Polens angenommen, während sich Bulgarien, Italien und Rumänien der Stimme enthielten.

Im Februar hatte das Europäische Parlament den Entwurf mit knapper Mehrheit angenommen.

Einigung nach längerem Hin und Her

Die umstrittene Verordnung sollte im Februar von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments formell verabschiedet werden. Die Abstimmung wurde jedoch verschoben, nachdem mehrere Mitgliedstaaten unter Führung Deutschlands signalisiert hatten, dass sie die Verordnung nicht länger unterstützen würden.

Als Bedingung für ihre Zustimmung hatte die Bundesregierung von der EU-Kommission verlangt, dass eine nicht bindende Erwägungsklausel im Text, die die Verwendung von E-Fuels in Autos regelt, respektiert wird. Italien drängte unterdessen auf Garantien für die Verwendung von Biokraftstoffen.

E-Fuels, auch bekannt als synthetische Kraftstoffe, sind CO2-neutral, wenn sie mit erneuerbarem Strom und aus der Atmosphäre gewonnenem CO2 hergestellt werden.

Nach wochenlangen internen Diskussionen kam die Europäische Kommission der Forderung Deutschlands nach und legte fest, wie Autos, die ausschließlich mit klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden, nach 2035 zum Verkauf zugelassen werden können.

Italiens Antrag auf Einbeziehung von Biokraftstoffen wurde jedoch nicht stattgegeben, da die Kommission diese nicht als CO2-neutrale Kraftstoffe ansieht.

In einer Erklärung kritisierte der italienische Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin, dass die „Erklärung der Kommission, nur synthetische Kraftstoffe zuzulassen, eine zu restriktive Auslegung darstellt, die es nicht erlaubt, den Grundsatz der Technologieneutralität, für den Italien immer gekämpft hat, vollständig umzusetzen.“

Er fügte hinzu, dass Italien sich weiterhin für die Einbeziehung von Biokraftstoffen einsetzen werde.

Um die Vereinbarung rechtsverbindlich zu machen, wird die Kommission einen delegierten Rechtsakt vorlegen. Dieser soll festlegen, wie Fahrzeuge, die mit E-Fuels betrieben werden, auf die CO2-Ziele angerechnet werden können.

Delegierte Rechtsakte, die für hochtechnische Fragen verwendet werden, sind nicht Gegenstand von Debatten der Europaabgeordneten. Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten können einen delegierten Rechtsakt jedoch in Gänze ablehnen.

Im Rahmen der Einigung mit der Bundesregierung hat die Kommission erklärt, dass sie die Zulassung von Autos, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, nach 2035 erlauben werde. Dementsprechend müssen Fahrzeuge mit einer Technologie ausgestattet sein, die es verhindert, dass Autos mit herkömmlichem Benzin oder Diesel gestartet werden können.

Eine solche Technologie ist zwar noch nicht auf dem Markt erhältlich, allerdings wird davon ausgegangen, dass die Entwicklung einer entsprechenden Vorrichtung relativ einfach möglich wäre.

Parlament reagiert

Der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Jan Huitema, niederländischer Abgeordneter der liberalen Renew-Fraktion, betonte, dass das Parlament den Vorschlag zu E-Fuels genau prüfen werde, bevor es seine Zustimmung gebe.

„Der Text der Vereinbarung, die ich im Namen des Europäischen Parlaments ausgehandelt habe, bleibt unverändert und setzt ein klares Ziel für 100 Prozent emissionsfreie Neuwagen und Lieferwagen nach 2035. Alle möglichen zukünftigen Vorschläge zu E-Fuels werden gründlich geprüft werden, sowohl was ihren Inhalt als auch ihre Rechtsgrundlage angeht“, sagte er in einer Erklärung.

Die Grünen im Europäischen Parlament begrüßten die Einigung als einen „guten Tag für die Zukunft der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Europas“, kritisierten aber Deutschlands Einmischung in den Gesetzgebungsprozess kurz vor Schluss.

„Um ihre schwindende politische Unterstützung zu stärken, haben die deutschen Liberalen der Vertrauenswürdigkeit der Bundesregierung massiv geschadet“, kritisierte der belgische Europaabgeordnete Philippe Lamberts. „Das darf sich nicht wiederholen, damit die Robustheit des EU-Gesetzgebungsverfahrens nicht dauerhaft geschädigt wird.“

< zurück