21.12.2023
Moskau zwingt OMV zum Verkauf - Schaden begrenzt
Wladimir Putin zwingt die österreichische OMV und die deutsche Wintershall Dea zum Verkauf von Anteilen in Russland.

Quelle: enerNEWS-Partner energate

Beide Konzerne kooperierten in der Vergangenheit eng mit dem russischen Gasriesen Gazprom. Nun sollen beide ihre Anteile am Gasförderfeld Juschno Russkoje im Norden Russlands sowie am Gasfeld Urengoi in Sibirien verpflichtend abgeben. Das geht aus einem von Russlands Staatschef unterzeichneten Dekret hervor. Die Unternehmen verlieren auch ihre Beteiligung an der von Gazprom gebauten Gasröhre "Nord Stream", die inzwischen nicht mehr in Betrieb ist.

Erster erzwungener Verkauf westlicher Anteile

Durch Russland erzwungene Kontrollen von Vermögenswerten westlicher Hersteller hat es bereits früher gegeben. Doch die Entscheidung gegen OMV und die BASF-Tochter Wintershall Dea ist das erste Mal, dass die russische Regierung ausländische Unternehmen direkt zwingt, ihre Vermögenswerte an russische Investoren zu verkaufen.

Eckdaten des Dekrets

Das Dekret sieht vor, dass alle bisher gültigen Verträge zwischen OMV, Wintershall und Gazprom ihre Gültigkeit verlieren. Die Anteile der beiden westlichen Energiekonzerne an den Gasfeldern und weitere Aktiva werden verpflichtend an die Gazprom sowie ein Versicherungsunternehmen namens Sogaz übertragen. Die Erlöse aus dem Verkauf sollen auf ein Sonderkonto fließen. Auf dieses Konto sollen OMV und Wintershall keinen Zugriff haben, so lange westliche Sanktionen in Kraft bleiben und andererseits die Politik Russlands gegen "unfreundliche Staaten" andauert.

Moskau: "Keine Enteignung"

In diesem Zusammenhang wies Präsidentensprecher Dmitrij Peskow bei einer Pressekonferenz am 20. Dezember Vorwürfe von Rechtsbruch vehement zurück. "Unternehmen, die einen Markt verlassen, verkaufen ihre Werte entweder oder sie geben diese ab. Von einer Enteignung kann keine Rede sein."

Relativierend äußerte sich auch Vasily Astrov, Russland-Experte am Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Der Verkauf sei erzwungen. Doch nach Aufnahme regulärer Beziehungen zwischen dem Westen und Russland könnte das auf dem Sonderkonto geparkte Vermögen sogar einen Gewinn für OMV und Wintershall bedeuten. Die Aktiva seien bereits abgeschrieben, so Astrov gegenüber dem ORF.

OMV: "Keine negativen Auswirkungen auf Ergebnisse"

Die OMV erklärte, sie prüfe den neuen Erlass und werde gegebenenfalls weitere Schritte einleiten. Auch Wintershall DEA erklärte auf Nachfrage von energate, die Situation jetzt im Detail zu analysieren. Der österreichische Konzern berichtete auch, aus dem präsidialen Dekret seien "faktisch keine weiteren negativen Auswirkungen auf die Ergebnisse zu erwarten."

Der Grund: Die OMV hat bereits im März 2022, wenige Tage nach Moskaus Kriegsbeginn gegen die Ukraine, die Abkehr von ihrer einstigen Kernregion Russland eingeleitet. Wintershall Dea kehrte dem Land Jänner 2023 den Rücken.

Milliardenabschreibungen in 2022 bei der OMV

Bei der OMV sind seit 2022 operative Ergebnisse, Cashflows und das Fördervolumen in Russland nicht mehr Teil des Konzernberichts. Das Geschäft in Russland mit insgesamt 2,46 Mrd. Euro hat die OMV bereits abgeschrieben. Teil der Aktiva war die Beteiligung von knapp 25 Prozent am riesigen Gasfeld Juschno Russkoje sowie an der Nord Stream 2.

Damals kommentierte Erste Group-Analyst Tamás Pietser gegenüber energate, diese Abschreibungen seien für die OMV "ein Rückschlag, aber im Verhältnis zum Betriebsgewinn keine Katastrophe." Der bis 2040 geltende Liefervertrag zwischen Gazprom und der OMV soll trotz des Dekrets in Kraft bleiben.

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